Forderungen verkaufen
Forderungen verkaufen bedeutet, die Rechte daran an einen entsprechenden Forderungskäufer zu übertragen. Das heißt aber auch: Nach dem Verkauf haben Verkäufer nichts mehr mit der Forderung zu tun. Außerdem gilt es im Forderungsverkauf auch noch zwischen echtem und unechtem Factoring zu unterscheiden. Welches Konzept wie funktioniert, womit Gläubiger beim Forderungsverkauf rechnen müssen und wo Vor- und Nachteile zum klassischen Inkasso liegen, erklären wir in diesem Blogbeitrag.
Wer seine Forderungen verkaufen möchte, sollte sich im Vorfeld genauestens über sämtliche Möglichkeiten im professionellen Forderungsmanagement informieren. Welche Konditionen bieten Dienstleister in welchem Bereich? Wie arbeiten Inkasso Büros und Factoring Unternehmen? Und lohnt tatsächlich eine einzelne Lösung für alle offenen Posten gleichermaßen? Um hier fundiert entscheiden zu können, braucht es einen Blick für die wichtigen Unterschiede der drei Konzepte im Forderungsmanagement:
- Inkasso
- unechtes Factoring
- echtes Factoring
Klassisches Inkasso
Im klassischen Inkasso geht es nicht darum. Forderungen zu verkaufen. Offene Posten werden viel mehr an einen Inkassodienstleister übergeben, der sich dann um die Realisierung kümmert. Im Erfolgsfall erhalten Gläubiger ihre Forderung dann zurück – und zwar je nach Inkassokonzept – zu 100%. Der Dienstleister selbst lebt dabei allein von den gesetzlichen Inkassogebühren und macht diese als sog. Verzugsschaden direkt beim Schuldner geltend.
Im klassischen Inkasso stehen dabei, wie übrigens in allen Konzepten im Forderungsmanagement, alle Möglichkeiten offen. Das bedeutet, vom vorgerichtlichen Inkasso inkl. Mediation über das gerichtliche Mahnverfahren bis zu Titulierung und Zwangsvollstreckung und der Titelüberwachung samt Bonitätsmonitoring werden alle Möglichkeiten genutzt, um Gläubigern zu ihrem Recht zu verhelfen.
Vorteile: Gläubiger bekommen im Erfolgsfall ihre gesamte Forderung zurück, behalten die ganze Zeit die Kontrolle über den Ablauf der Realisierungsarbeit, und das Inkasso verläuft vorgerichtlich kostenneutral
Nachteile: Die Realisierung kann länger dauern, wenn sie über alle Mahninstanzen geht, und für verschiedene Maßnahmen (bspw. das gerichtliche Mahnverfahren) fallen Kosten an, die Gläubiger vorstrecken müssen (die Kosten kommen aber als Verzugsschaden zurück)
Echtes und unechtes Factoring
Den Ausschlag, ob es sich um echtes oder unechtes Factoring handelt, gibt das Ausfallrisiko (Delkredere). Wenn der Forderungskäufer dieses Risiko übernimmt, spricht man von echtem Factoring. Bleibt das Ausfallrisiko beim Gläubiger, ist das Factoring unecht.
In der Praxis bedeutet das, dass Posten im unechten Factoring bereits ausgefallen (zahlungsgestört) sein müssen. Erst dann lassen sich die Forderungen verkaufen. Im echten Factoring dagegen kauft ein Finanzier alle Forderungen – auch diejenigen, die nicht zahlungsgestört sind – und tritt damit quasi als zwischenzeitlicher Kapitalgeber auf.
Vorteile: Schnelles Geld und zügige Abtretung der Forderung
Nachteile: Kaufpreis unter Nennwert, keine Kontrolle in der tatsächlichen Realisierungsarbeit
Zahlungsgestört ja oder nein?
Ob eine Forderung zahlungsgestört ist oder nicht, liegt einzig und allein an ihrem Alter. Gesetzlich geraten alle (B2C-)Forderungen nach rund 30 Tagen automatisch in Verzug (§286 Abs. 3 BGB). Damit sind sie schon einmal inkassofähig – einer separaten betrieblichen Mahnung bedarf es nicht!
Um Forderungen verkaufen zu können (unechtes Factoring) muss das Alter jedoch bei mindestens 90 Tagen liegen – erst dann ist der Forderungsverkauf überhaupt erlaubt. Ob er dann auch sinnvoll ist, oder ob nicht ein vorgeschaltetes Inkasso zweckdienlicher ist, muss jeder selbst entscheiden. Echtes Factoring funktioniert als Teil einer Finanzierungsstrategie wie gesagt immer, also auch bei Forderungen, die (noch) nicht ausgefallen sind.
Kaufpreise
Die „Kaufpreise“ variieren und eine Pauschale kann hier nicht seriös abgegeben werden. Jedoch liegen die Preise, zu denen sich Forderungen verkaufen lassen logischerweise immer unter ihrem Nennwert, denn die Differenz zwischen Kauf- und Realwert macht unterm Strich die Marge des Käufers aus. Nach dem Kauf kümmert er sich nämlich auf eigenes Risiko um die Realisierung.
Ein gängiges Modell im Forderungskauf ist die Übergabe und Bewertung ganzer Portfolios offener Posten. Dann wird jede Einzelforderung betrachtet und bewertet, und im Anschluss erfolgt ein realistisches Kaufangebot dafür.
Fazit
Forderungen verkaufen oder doch Inkasso? Das ist keine Frage, die sich aus dem Bauchgefühl beantworten lässt. Es geht um Fakten, Realisierungsoptionen, Kaufpreise und natürlich den Arbeitsaufwand. Eine Entscheidung für die eine oder andere Möglichkeit muss immer eine betriebswirtschaftlich fundierte sein!